DIE FAIRE SIEBEN: VDFU e.V. startet Kampagne für steuerliche Gleichbehandlung von Freizeitangeboten
Seit nahezu 20 Jahren kämpfen die deutschen Freizeitunternehmer gegen Wettbewerbsverzerrungen und steuerliche Benachteiligungen nicht nur im Inland, sondern auch im Vergleich zu ihren europäischen Nachbarn. In einer im Frühjahr 2005 von der CDU/CSU-Fraktion eingebrachten "Großen Anfrage an den Deutschen Bundestag" sah sich die damals rot-grüne Regierung mit einer Reihe Problemen und Fragestellungen konfrontiert, die mit der beliebten Vogel-Strauß-Haltung nicht aus der Welt zu schaffen sind und deshalb von der seinerzeit amtierenden Regierung bis Ende November zu beantworten gewesen wären (vgl. EAP-News 5.09.2005) ... wäre da nicht die überraschend angesetzte Bundestagsneuwahl im September desselben Jahres gewesen. Dennoch: Unabhängig davon lagen die Fragen von diesem Zeitpunkt an „auf dem Tisch“ sämtlicher Nachfolgeregierungen, und die Politik hätte sich ihnen stellen müssen. Die 2005 von Angela Merkel und Michael Glos unterzeichnete „Große Anfrage“ beinhaltete einen 53 Fragen umfassenden Katalog.
Szenenwechsel 2023: Und täglich grüßt das Murmeltier … Der Verband der Deutschen Freizeitparks und -unternehmen (VDFU) hat seitdem nicht aufgegeben und startet am heutigen Tag eine breit angelegte öffentliche Kampagne. Unter der Überschrift „Die Faire Sieben“ möchte der VDFU die steuerliche Ungleichbehandlung endlich beendet wissen: „Die Anwendung des reduzierten Umsatzsteuersatzes auf Eintrittsentgelte aller touristischen Freizeitangebote stellt internationale Konkurrenzfähigkeit und fairen inländischen Wettbewerb sicher. Sie entlastet niedrige und mittlere Einkommensschichten und senkt den bürokratischen Aufwand“, heißt es bei Kampagnenstart.
Freizeitparks bieten Gemeinschaftserlebnisse und Raum für soziale Begegnung © © Ravensburger Spieleland Die Situation stellt sich aktuell folgendermaßen dar: Die Europäische Union gewährt Mitgliedsstaaten die Möglichkeit zur Anwendung ermäßigter Umsatzsteuersätze auf Eintrittsentgelte in Freizeiteinrichtungen. Während alle in der betreffenden EU-Richtlinie aufgeführten Freizeitangebote in Deutschland davon profitieren, haben einzig Vergnügungsparks das Nachsehen. Das Resultat sind folgenschwere Wettbewerbsnachteile im Inland sowie Standortnachteile gegenüber Vergnügungsparks im benachbarten Ausland, weshalb sich der VDFU erneut für eine längst überfällige Gleichbehandlung der heimischen Freizeitwirtschaft stark macht. „Ob Jahrmarkt, Museum, Tierpark, Kino, Festival, Schwimmbad oder Zirkus – Deutschland schöpft die steuerrechtlichen Möglichkeiten der EU bei Eintrittsberechtigungen für die genannten Freizeitangebote aus. Während für diese ein ermäßigter Umsatzsteuersatz erhoben wird oder sie gänzlich davon befreit sind, werden einzig Vergnügungsparks mit dem Regelsatz von 19% besteuert“, beklagt der Wirtschaftsverband und möchte diese uneinheitliche Regelung nicht länger hinnehmen. Unterschiedliche Freizeitangebote stehen durchaus in direktem Wettbewerb um die Gunst der Besucherinnen und Besucher; Zielgruppen wie auch die Angebote überschneiden sich. Dennoch gelten für die Marktteilnehmer unterschiedliche Regeln. Dabei stehe der Gesetzgeber in der Pflicht, Rahmenbedingungen nicht zulasten einzelner Wettbewerber zu verschlechtern, so der VDFU.
VDFU-Geschäftsführer Jürgen Gevers „Freizeitangebote sind ein Ventil zur Auflösung sozialer Spannungen und wichtiger Bestandteil sozialer Teilhabe. Vergnügungsparks in Deutschland haben ihre hohe gesellschaftliche Relevanz und wirtschaftliche Bedeutung unlängst unter Beweis gestellt. Sie erfüllen alle Anforderungen zur Anwendung des reduzierten Umsatzsteuersatzes und verdienen faire Wettbewerbsbedingungen“, unterstreicht Jürgen Gevers, Geschäftsführer VDFU, die Forderungen.
Reduzierte Umsatzsteuersätze sollen beim Erwerb gesellschaftlich relevanter Güter- und Dienstleistungen entlasten – und zwar nicht die Betriebe. Die Umsatzsteuer ist eine indirekte Steuer und wird von den Verbrauchern gezahlt. Die Europäische Union mache deren soziale Entlastung sogar zur grundlegenden Voraussetzung für die Anwendung reduzierter Umsatzsteuersätze, so der VDFU mit Bezug auf Art. 110, Richtlinie 2006/112/ EG des Rates über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem, indem es heißt: „(…) Steuerbefreiungen und -ermäßigungen müssen mit dem Gemeinschaftsrecht vereinbar sein und dürfen nur aus genau definierten sozialen Gründen und zugunsten des Endverbrauchers erlassen worden sein“.
Laut Bericht des Bundesfamilienministeriums sind gerade Familien mit Kindern von sinkenden Reallöhnen, zunehmendem Kostendruck und steigender Inflation im besonderen Maße betroffen. Für die Hauptzielgruppe von Freizeiteinrichtungen wäre eine reduzierte Umsatzsteuer eine spürbare Entlastung. „Soziale Teilhabe an Freizeitangeboten darf nicht zur wirtschaftlichen Frage werden. Gerade in geopolitisch und wirtschaftlich krisenbelasteten Zeiten ist es bedeutsam, dass Menschen vor Ort oder in der Region bezahlbare und attraktive Freizeitangebote vorfinden. Gemeinsame Erlebnisse und Erholung durch inländische Angebote bieten eine echte Alternative zum kostspieligen und emissionsstarken Kurzurlaub im Ausland“, so Jürgen Gevers.
Auch im internationalen Wettbewerb werden deutsche Vergnügungsparks und Freizeitunternehmen steuerlich benachteiligt. Nachbarländer gewähren ihren Vergnügungsparks ermäßigte Umsatzsteuersätze auf Eintrittsentgelte. Dieser signifikante Standortnachteil bremst nicht nur Besucherentwicklung und Zukunftsperspektiven. Aufgrund der deutlich höheren Steuerlast in Deutschland investieren Betreiber internationaler Unternehmensgruppen bevorzugt in bestehende Standorte außerhalb der Bundesrepublik oder eröffnen neue Einrichtungen im grenznahen Ausland, resümieren die Vertreter der deutschen Freizeitparkwirtschaft die aktuelle Situation. „Vergnügungsparks erfahren steuerliche Ungleichbehandlung auf nationaler und internationaler Ebene. Sozioökonomische Bedeutung und Wettbewerbsfähigkeit sind gefährdet. Leidtragende sind der Wirtschaftsstandort Deutschland und nicht zuletzt die Gäste wie auch die Beschäftigten“, konstatiert VDFU-Präsident Friedhelm Freiherr von Landsberg-Velen.
Mit der Kampagne „Die Faire Sieben“, so hofft der Verband der Deutschen Freizeitparks und -unternehmen, sollen die politisch Verantwortlichen nunmehr endlich zum Handeln bewegt werden. Die Kampagne wird u.a. auch von zahlreichen Kommunal- und Landespolitikern unterstützt – ausführlichere Informationen und Meinungen zur Kampagne und zum Thema hält der VDFU auf seiner eigens eingerichteten Website https://diefairesieben.de bereit. (eap)